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Aus alt mach neu, auch beim Konzept - Süddeutsche Zeitung

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Hütten bauen, Hütten abreißen und ein großes Feuer machen. So war es jahrzehntelang Tradition beim Vaterstettener Ferienprogramm - bis heuer. Hütten gibt es diesmal gar nicht zu sehen, geschweige denn abzubrennen. Was die Kinder bauen, können sie am Ende der Woche mit Erlaubnis der Eltern nach Hause mitnehmen. Der Rest steht für alle Bürgerinnen und Bürger zur kostenlosen Mitnahme bereit. Gegen eine Spende liefert das Team vom Baubetriebshof sogar bis in den Garten.

Der Grund für diese Änderung sei hauptsächlich ökologisch, so Martha Golombek, Gemeindejugendpflegerin Vaterstettens. Die "Pyromanen" unter den Teilnehmern seien enttäuscht darüber, aber die meisten Kinder freuen sich angeblich darauf, dieses Jahr ihre eigenen Werke nach Hause mitnehmen zu können. Manche hätten es schon immer dumm gefunden, die Werke einfach zu verbrennen - sie wollten mehr Zeit damit verbringen können. Dennoch bevorzugten einige die üblichen Hütten, was heuer indes wegen Corona nicht möglich sei, da man den Mindestabstand nicht hinkriegen würde. Das sei sogar ohne Hütten immer noch ein Problem, so Golombek. "Der Abstand ist auf jeden Fall am schwierigsten. Man kann das sehr schwer regulieren." Und was die Kinder davon halten? Die Masken findet eine Gruppe "ja ein bisschen nervig", während ein frecher Junge behauptete, den Abstand hielten sie eh nicht ein.

Wegen des Infektionsschutzes besteht außerhalb der eigenen Baustelle eine Maskenpflicht, wie sie Bürgermeister Leonhard Spitzauer vorbildlich einhält.

(Foto: Christian Endt)

Wer zwischen 9 und 16 Uhr bei der "Sonnwendwiese" Vaterstettens vorbeischaut, nimmt auf den ersten Blick die vielen Paletten wahr, die das Möbelhaus Segmüller und das Ziegltrum-Gartencenter spendiert haben. Aus diesen haben die Kinder bereits verschiedene Möbel zusammengebaut. Absperrbänder teilen das Feld in acht große Abschnitte, für die acht Gruppen, auf die sich die 40 Kinder im Alter acht bis 13 in acht Gruppen verteilen, jeweils mit mindestens einem Jugendleiter und einem Pavillon, der den Kindern ein bisschen Schatten und Regenschutz bietet. Man bleibt ständig in den gleichen Gruppen und jeder davon wird ein Bauplatz zugeteilt, rund 40 auf zwei Meter. Innerhalb dieses Platzes können Kinder meistens ohne Maske arbeiten, außer bei gesonderten Bauaktionen. Wenn sie aber die Grenzen ihres Bauplatzes verlassen, etwa um Paletten zu holen, gibt es Maskenpflicht. Dabei muss ein Betreuer sie begleiten, um zu verhindern, dass andere Bauplätze betreten werden.

Im Prinzip ist eine Mischung der Gruppen also ausgeschlossen. Dazu wissen die Kinder Bescheid, dass sie immer den Mindestabstand einhalten, regelmäßig die Hände waschen und in gewissen Situationen die Masken aufsetzen müssen. Desinfektionsmittel findet man überall auf der Wiese.

Alle Anwesenden nehmen die Lage wirklich ernst - bei einem Corona-Verdachtsfall müsste man die ganze Woche absagen. Das Hygienekonzept ist mit dem Landratsamt abgesprochen und genehmigt. Darum kann in Vaterstetten der Workshop "aus Alt mach Neu" stattfinden, ähnliche Angebote sind in anderen Gemeinden abgesagt worden. Die Jugendleiter tragen die Verantwortung dafür, dass die Kinder diesen Maßnahmen folgen. Ob sie bis jetzt dabei Probleme hatten? "Sie halten extrem daran", lobte einer der Jugendleiter.

Wegen des Umweltschutzes werden die Kunstwerke heuer nicht abgefackelt, wie in den vergangenen Jahren, sondern können mit nach Hause genommen werden.

(Foto: Christian Endt)

Die Probleme der ersten Tage waren solche, die nichts mit Corona zu tun hatten. Zum Beispiel die Beschwerden der Bewohner in der Nähe, die sich vormittags über das ständige Hämmern und die laute Musik ärgerten. Auch das Wetter ist schwierig, mal verursachen heftige Regenfälle einen frühzeitigen Abbruch, ein andermal ist die brennende Sonne ein Problem. Keines sind dagegen Verletzungen, denn das Rote Kreuz ist die ganze Zeit anwesend. Bis jetzt mussten sie meistens leichte Kratzer behandeln. Ein paar Nägel wurden reingetreten, sind aber nie durch die Schuhe gegangen. Eines ist klar: dieses Jahr braucht man die Feuerwehr auf keinen Fall. Es gibt zum ersten Mal kein Abbrennfest. Die Jugendleiter meinten, die Feuerwehr wollte sowieso nicht freiwillig mitmachen und es wäre zu teuer die Asche wegzuschaffen.

Gelegentlich sind auch Kinder zu sehen, die an anderen Bauplätzen spielen wollen. Das wird auch in wenigen Fällen erlaubt, aber natürlich nur, wenn die Besucher ihre Masken aufsetzten. So zum Beispiel an einem großartigen "Pool", den eine Gruppe von fünf Jungs mitsamt ihrem Jugendleiter beziehungsweise Cousin gebaut hatte und dafür von manchen beneidet wurde. Eigentlich wollten die unternehmerischen Jungs einen Euro Eintritt von Besuchern verlangen - Kinder dürfen bis zehn Euro dabeihaben - woraufhin die Nachfrage dann stark zurückging. Der Cousin erklärte, die Jungs hätten den Großteil der Arbeit selbst gemacht, während er an einem Grillplatz arbeitete. So hätten sie innerhalb zweieinhalb Tage die Paletten mit Nägeln selbst zusammengehämmert, oder mittels Brecheisen auseinandergenommen und dann gemessen, um die Bretter einer benötigten Länge zu finden. Erst beim Absägen habe er mitgeholfen, aber nur ein wenig. "Es ist nicht wirklich Arbeit, eher Spaß".

Ein Minipool, eine Gartenbank und vieles mehr entsteht beim Vaterstettener Ferienprogramm auf der Wiese zwischen Friedhof und Verkehrsübungsplatz unter dem Motto "aus Alt mach Neu".

(Foto: Christian Endt)

Obwohl der Tag eines Jugendleiters ziemlich früh anfängt, wenn man in Betracht zieht, dass manche von ihnen ansonsten Ferien hätten. Sie sollen um 8.30 Uhr an die Wiese ankommen und alles für den Tag vorbereiten. "Er ist aber die letzten zwei Tage erst um 9.15 angekommen!" verpetzt ein Junge seinen Cousin. Was für ein Lohn für seine Dienstleistung.

Die Betreuer sind hauptsächlich von der Kirche oder dem Jugendverein "Jura". Sie sagen, es sei schön zu sehen, wie die Kinder in ihrer eigene Fantasie aufgehen, dabei so kreativ und in der Natur sind, anstatt sich zu Hause vor dem Fernsehen zu langweilen. Für diejenigen Betreuer, die solche Hüttenbauwochen als Kinder selbst besuchten, bringe es Erinnerungen aus ihrer Kindheit hervor. Und wenn die Kinder herausfinden, dass ihre Jugendleiter einst als Kinder dabei waren, so fragen sie danach, wie man es früher machte. "Damit sie was von uns lernen können". So schließt sich der Kreis - "aus Alt, mach Neu".

Alle Möbel, Kunstwerke und sonstigen Gegenstände, welche die Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Bauspielwochen nicht selbst mit nach Hause nehmen, stehen für alle zur kostenlosen Mitnahme bereit. Und zwar am Freitag, 28. August, von 14 bis 18 Uhr auf der Wiese zwischen Friedhof und Verkehrsübungsplatz. Auch unverarbeitetes Holz kann man kostenlos mitnehmen. Wer sich für ein größeres Möbelstück entscheidet, kann sich das gegen eine Spende vom Baubetriebshof bis vor die Haustür liefern lassen. Wegen des Infektionsschutzes ist vor dem Betreten des Geländes ein Mund-Nasenschutz aufzusetzen, der üblichen Abstand von mindestens 1,5 Meter ist einzuhalten und die Besucher sind angehalten insgesamt auf Hygiene zu achten.




August 24, 2020 at 02:21AM
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